
Europäische Meerespolitik
Mit unserem aktuellen Mandat im EU Mission Bord für Ozeane und Gewässer sind wir seit 2024 an vorderster Front an der aktiven Gestaltung Europäischer Meerespolitik beteiligt.
Die EU Mission Boards sind Expertengremien, die im Rahmen des EU-Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon Europe eingerichtet wurden. Sie haben die Aufgabe, sogenannte „Missionen” zu entwickeln, das sind ehrgeizige und konkrete Ziele zur Bewältigung globaler Herausforderungen, wie Klimawandel, Gesundheit oder Umweltschutz. Diese Missionen sollen nicht nur wissenschaftlichen Fortschritt vorantreiben, sondern auch praktische Lösungen für gesellschaftliche Probleme liefern.
Die Mission Boards bestehen aus Wissenschaftler:innen, Unternehmer:innen, Politiker:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft, die zusammenarbeiten, um Strategien und konkrete Projekte zu entwickeln. Es gibt fünf zentrale Themenbereiche für die Missionen:
1. Anpassung an den Klimawandel inklusive sozialer Transformationen (Adaptation to Climate Change including Societal Transformation);
2. Krebsbekämpfung (Cancer);
3. Schutz von Ozeanen, Meeren und Gewässern (Healthy Oceans, Seas, Coastal and inland Waters);
4. Klimaneutrale und smarte Städte (Climate-Neutral and Smart Cities); und
5. Gesunde Böden und Ernährung (Soil health and Food).
Die Mitglieder der Mission Boards beraten die EU-Kommission und schlagen Maßnahmen vor, um diese Ziele bis 2030 zu erreichen. Ihr Fokus liegt dabei auf transformativen Ansätzen, die Forschung, Politik und Gesellschaft verbinden.
Dazu führen wir einen Dialog mit nationalen und internationalen Expert:innen aus unserem Netzwerk, um einen möglichst realistischen Plan zu entwickeln, der die Balance zwischen Meeresschutz und nachhaltigem Wirtschaften in den Mittelpunkt stellt, denn der Ozean ist nicht nur der größte Lebensraum auf unserem Planeten, sondern auch unser größter Wirtschaftsraum.
European Ocean Pact: Eine umfassende Agenda, die einen ganzheitlichen Ansatz befürwortet, der den untrennbaren Zusammenhang zwischen dem Wohlergehen unserer Gesellschaft, der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften und der Gesundheit unserer Ozean und Gewässer anerkennt.
Die Deutsche Meeresstiftung hat sich mit 26 weiteren Experten an der Ausarbeitung des Manifests für einen European Ocean Pact beteiligt. Das Dokument soll nach der Initiative unseres Beiratsmitgliedes Catherine Chabaud, in Zusammenarbeit mit unserer portugiesischen Partnerstiftung Ozeano Azul und das Institut Europe Jacques Delors, dazu beitragen, dass die Meerespolitik in neuen Legislaturperiode des Europaparlamentes nicht wieder von vorne anfängt, sondern auf bisherigen Erkenntnissen aufbaut.
Wichtigste Forderungen des Manifests:
Aufbau einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen blauen Wirtschaft
Förderung emissionsfreier Schifffahrt und grüner maritimer Industrien (z. B. Windantrieb, intelligente Häfen).
Ausbau der Offshore-Erneuerbaren Energien in Verbindung mit nachhaltiger Aquakultur.
Förderung nachhaltiger Fischerei und aquatischer Lebensmittelsysteme.
Schutz und Wiederherstellung der Meeres- und aquatischen Ökosysteme
Integration von „Blue Carbon“-Ökosystemen (z. B. Seegraswiesen) in die Klimapolitik.
Umsetzung des 30x30-Ziels (30 % Meeresschutz bis 2030) mit einem speziellen EU-Fahrplan.
Einführung eines Moratoriums für den Tiefseebergbau in EU- und internationalen Gewässern.
Erreichung der Null-Verschmutzung in europäischen Gewässern
Bekämpfung von Meeresmüll, insbesondere von Kunststoffen, durch verbindliche Maßnahmen für die Industrie.
Reduzierung der landseitigen Verschmutzung durch Landwirtschaft, Industrie und Abwässer.
Anwendung des Vorsorgeprinzips und Verbesserung der Abwasserinfrastruktur.
Verbesserung des Wissens über die Ozeane, der Bildung und des Engagements der Bürger
Einführung von „blauer Bildung“ in die Lehrpläne der Schulen und in die Ausbildung von Entscheidungsträgern.
Ausbau von EMODnet und dem digitalen Zwilling des Ozeans der EU.
Unterstützung von Bürgerwissenschaft und transparenter Kennzeichnung von Meeresfrüchten.
Reform der Meerespolitik in der EU
Einrichtung einer sektorübergreifenden Gruppe von Kommissaren für maritime Angelegenheiten und einer Europäischen Meeresagentur.
Umwandlung des Fischereiausschusses des Europäischen Parlaments in einen umfassenderen Ausschuss für Meeresangelegenheiten.
Einrichtung eines Europäischen Meeresfonds, der aus den Einnahmen des Emissionshandelssystems für den Seeverkehr finanziert wird.
Stärkung der internationalen Zusammenarbeit und der Meeresgeostrategie
Die Führungsrolle der EU in globalen Abkommen (z. B. UNOC3, BBNJ, Plastikvertrag) behaupten.
Eine europäische Seenotrettungsstreitmacht ins Leben rufen und die Infrastruktur der Unterseekabel schützen.
Die Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika im Bereich der Nachhaltigkeit der Meere und der blauen Finanzwirtschaft ausbauen.
Fazit:
Der Ozean ist Europas mächtigster Verbündeter bei der Bewältigung der Klima-, Biodiversitäts- und Ressourcenkrisen. Ein europäischer Ozeanpakt ist unerlässlich, um die Gesundheit der Ozeane wiederherzustellen, wirtschaftliches Potenzial zu erschließen und die globale Führungsrolle zu behaupten. Das Manifest fordert die EU nachdrücklich auf, diesen Pakt während der Legislaturperiode 2024–2029 als Grundlage für ein widerstandsfähiges, nachhaltiges und souveränes Europa zu verabschieden und umzusetzen.
Wir freuen uns, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, das Manifest bereits zu einem integralen Bestandteil der europäischen Meerespolitik gemacht hat, die am Eröffnungstag der dritten Meereskonferenz der Vereinten Nationen, die vom 9. bis 13. Juni 2025 in Nizza stattfindet, als European Ocean Pact vorgestellt werden soll.





